Statement Falk Werner Orgus Im Stadtrat Am 29 04 2015 82052 Mp2 Jpg

Rede von Falk - Werner Orgus, Vorsitzender der CDU - Fraktion im Stadtrat Meißen, zum Doppelhaushalt 2018 / 2019

18HH19 – Doppelhaushalt Stadt Meißen

Redebeitrag Vorsitzender CDU-Stadtratsfraktion

“Meissner (Er)Leben in Zeiten von Vertrauenskrise und Zukunftsverachtung”

Im Dezember des Jahres 2015, als der Winter noch ein solcher genannt werden konnte und uns reger Schneefall dabei half, die stadttypischen kleinen Schludereien bei der Straßenreinigung zu überdecken, habe ich schon einmal die Frage gestellt, ob der Doppelhaushalt „16HH17“ überhaupt noch das Papier wert ist, auf dem er gedruckt wurde.

Wir erinnern uns: Die politisch nur mittelmäßig gemanagte Flüchtlingskrise, der nicht absehbare Imageschaden, den unsere Stadt durch eigene Säumnis aber auch durch Foulspiel einiger Medien erlitten hatte und eine stockende wirtschaftliche Entwicklung hatten zu der Erkenntnis geführt, dass Nichts ist so unplanbar geworden war, wie die kommenden 24 Monate. Gipfelnd in dem Seneca-Zitat: „Sei dankbar für das, was du hast, warte auf das Übrige und sei froh, dass du noch nicht alles hast. Es ist auch ein Vergnügen, noch auf etwas zu hoffen.“

Ich hatte versucht, eindringlich zu verdeutlichen, das wir über die Zeit des Doppelhaushaltes 2016/2017 hart, sehr hart, daran arbeiten müssen, Stadtfrieden und Stadtruf wieder in Einklang zu bringen, um die Zukunftsfähigkeit der Wiege Sachsens nicht weiter zu gefährden. Dabei sollte die Transparenz von politischen Entscheidungen eine ebenso große Rolle spielen, wie die bessere Beachtung des Bürgerwillens bei Zukunftsinvestitionen und eine stärkere Berücksichtigung von Wunschvorstellungen bei der Verwendung von den Bürgern eingeworbener kommunaler Finanzmittel.

Wenn wir eine ehrliche Rückschau auf die vergangenen zwei Jahre halten, müssen wir ehrlich eingestehen, dass zwar allerlei Versuche gestartet wurden, diese selbst gesteckten Handlungsprämissen in die Tat umzusetzen. Eine durchschlagende Wirkung ist aber, wenn überhaupt, erst auf den dritten Blick ansatzweise zu erkennen.

Die Beispiele dazu sind in aller Munde:

Wenn man die kleine Transparenzoffensive heranzieht, die heute mit den Beschlüssen zur Berufung sachkundiger Bürger in die Ausschüsse des Stadtrates und die Möglichkeit der Bildung eines Gestaltungsbeirates ihrem satzungsgemäßen Höhepunkt zustrebt, könnte man auf die Idee kommen und von einem guten Weg sprechen, den wir begonnen haben zu gehen. Resümiert man allerdings die – und jetzt wird es eher beschönigend: - holprigen Versuche der Einbindung der Zahler von Ausgleichsbeträgen in die Entscheidung über die Verwendung der mehreren hunderttausend eingenommenen Euro zur Verwendung für die weitere Sanierung und Verschönerung der Historischen Altstadt, kann nur schwerlich von einer angemessenen Beachtung des Bürgerwillens gesprochen werden.

Das ewige Hin und Her in den zum Teil verwirrenden Beschlussvorlagen der Verwaltung hat, wie auch die intensive, wenn auch sachliche Diskussion darüber in den Medien, den Stadtfrieden jedenfalls nicht stabiler werden lassen.

Obwohl die Richtung, die wir alle gemeinsam – Verwaltungsspitze, Stadtverwaltung, Eigenbetriebe und Stadtrat - einschlagen wollten, ganz klar beschrieben worden ist, steht man als Vertreter der Bürgerschaft einigen einsamen Entscheidungen aber auch regelrechten Vertuschungsaktionen zu vormaligem Verwaltungshandeln Fassungslos gegenüber.

Nach dem französischen Lyriker und Philosophen Ambroise Paul Toussaint Jules Valéry ist “Politik die Kunst, die Leute daran zu hindern, sich um das zu kümmern, was sie angeht…”. Wenn das stimmt, so ist Olaf Raschke ein Künstler vor dem Herrn, dem wir auch mit vereinten Kräften nicht das Wasser reichen können, auf dem er dann und wann zu Laufen pflegt.

Aber allen Ernstes: In den letzten zwei, drei Jahren wurde die Handlungsfähigkeit des Stadtrates auf sehr harte Proben gestellt. Ob wir diese jeweils gemeistert haben, mögen Außenstehende objektive Beobachter beurteilen. Unter dem Strich aber ist ein Klima entstanden, vor dessen Hintergrund die Bürgervertretung zuweilen nur bedingt in der Lage ist, gute und wohlabgewogene Beschlüsse zu fassen.

Dass Stadträte in öffentlicher Sitzung persönlich angegangen werden, weil einem deren kritischen Gedanken nicht passen, dass konkrete Fragen an die Stadtverwaltung teilweise nur noch mit ignoranten und teilweise mit vor Missmut tropfenden Phrasen beantwortet werden, dass die Schuld für persönliches Versagen bei der Amtsausübung stets zuerst bei anderen gesucht wird, dass wird schleunigst aufhören müssen.

Dafür hat dieser Stadtrat in den noch verbleibenden 18 Monaten seiner Wahlperiode im Interesse unserer Stadt umgehend Sorge zu tragen. Die Alternative dazu ist das “Blaue Wunder des Jahres 2019” – ob man das erleben will, mag jeder selbst beurteilen.

In einem solchen Klima einen neuen Doppelhaushalt zu beraten und rechtmäßig abzurunden, ist nach dem vorher Gesagten in den Augen von “Außenstehenden” vielleicht verwunderlich. Das ist aber Mitnichten Hexerei, sondern liegt daran, dass zumindest aus dem Maschinenraum heraus noch offen und ehrlich mit dem Stadtrat verhandelt wird. Die Arbeitsebene funktioniert also weiterhin tadellos und auf einer sehr vertrauensvollen Ebene.

Daher an dieser Stelle ein herzlicher Dank an die Stadtkämmerin Eva-Maria Gottschald und ihre Mitarbeiterinnen im Finanzverwaltungsamt für ein ehrliches, unkompliziertes und sachkundiges Miteinander bei der Erstellung des Stadtbudgets der nächsten 24 Monate.

Wir sind uns darüber bewusst, dass wir heute wie vor zwei Jahren über gutes Handwerk beschließen könnten, dass so aber wegen eines sehr volatilen wirtschaftlichen Umfeldes insbesondere im Baugewerbe nicht zu 100 Prozent vollbracht werden wird.

Wir werden uns darauf einstellen müssen, zur Umsetzung der aktuell geplanten städtebaulichen Investitionen, einen hohen einstelligen Millionenbereich draufzulegen. Was die städtischen Finanzen besonders bei den Bauvorhaben Schulen und Kindertagesstätten sehr hart treffen wird. Aber der Stadtrat ist sich auch einig darüber, dass die Investitionen in die Meißner Bildungsinfrastruktur, dass heißt: in Sanierung UND Inhalte gleichermaßen, anhaltend notwendig ist und ganz oben auf unserer Agenda steht. Wenn es nicht anders geht, dürfen wir auch vor namhaften Kreditaufnahmen für einen der Kernbereiche städtischer Verantwortung nicht zurückschrecken. Um es deutlich zu sagen: Die Meißner Union ist mit der Pflege und Weiterentwicklung dieses Grundpfeilers eines gedeihlichen Zusammenlebens aller Bürger unserer Stadt mehr als unzufrieden. Wir laufen mangels einer auf die speziellen Meißner Verhältnisse zugeschnittenen Schul- und Bildungskonzeption Gefahr, die Investitionen in ein modernes lernförderndes Klima an allen Meißner Schulen sträflich zu vernachlässigen.

Vor allem die Themen Medienbildung und Digitalisierung des Unterrichts werden uns – völlig unabhängig von den explodierenden Kosten für die baulichen Hüllen - in den nächsten Jahren vor große finanzielle Probleme stellen. Was kann und muss der Schulträger dabei leisten? Wie können wir die Eltern dabei von städtischer Seite aus finanziell entlasten? Und welche unabdingbaren materiellen Voraussetzungen für ein modernes Bildungsumfeld braucht es an unseren Schulen? Welche Ausstattung können, welche Ausstattung müssen wir uns leisten?

Die Digitalisierung durchdringt alle Bereiche des Lebens, von der Arbeitswelt über die Freizeitgestaltung bis zur Pflege unserer Altvorderen. Wir können es uns nicht erlauben, ausgerechnet bei der schulischen Bildung, deren Ablauf wir zu großen Teilen zudem selbst beeinflussen können, hinten an zu stehen. Eine moderne und zeitgemäße schulische Bildung ist für eine nachhaltige Standortentwicklung ausschlaggebend. Neben vernünftigen Mieten, einem weitestgehend sicheren Umfeld und einer mittlerweile guten Anbindung an die Landeshauptstadt ist eine moderne Bildungsinfrastruktur DAS Pfund, mit dem wir bei zuzugswilligen Familien wuchern könnten. Das fällt allerdings (noch) schwer.

Von der Verwaltungsspitze ist zum Thema Schule der wiederholte Ausspruch überliefert, dass weder Lehrer noch Schüler auf die sich über viele Generationen bewährt habende grüne Schultafel und schon gar nicht die zugehörige Kreide und den berühmten Stick-Slip-Effekt verzichten wollen. Und das ist vollkommen ernst gemeint. Die Meißner Union sagt dazu aber Nein, Nein und nochmals: Nein - Weder die Lehrerschaft oder die (besorgten) Eltern und erst recht nicht unsere Kinder wollen mit veralteten Unterrichtsmethoden arbeiten. Die wollen interaktive Tafeln, die bevorzugen eine bildhafte, globale und vielfältige Ausbildung. Und wir Stadträte haben das zu Liefern!

Bereits im Zuge der ersten Beratungen zum Doppelhaushalt 2018/2019 im Frühsommer des letzten Jahres haben wir angemerkt, dass wir uns nur schwer vorstellen können, einem städtischen Budgetplan zuzustimmen, ohne von der Verwaltung einen stimmigen Investitionsplan für den Bereich Schule und Bildung in den nächsten 5 bis 7 Jahren vorgelegt bekommen zu haben. Passiert ist leider bis dato: Nichts dergleichen. Ab und an in den zuständigen Ausschüssen ein Fragment eingestreut, hier und da eine Invest-Tabelle vorgelegt, die schon Wochen später wieder obsolet erschien, von Zeit zu Zeit mal der Hinweis auf fehlende Zahlenwerke der oberen Schulbehörden und stets der Verweis darauf, dass man mit den spärlichen Eigenmitteln auch andere investive Bereiche zu bedienen hätte, weshalb Verschiebungen von Jahresscheiben unerlässlich seien.

Das Lösungsangebot? Wir werden im Rahmen einer Stadtratsklausur mal als einer von vielen Punkten für die Länge eines Heimatfilms darüber sprechen werden. Es ist weitestgehend sinnlos, darauf eine Antwort zu suchen. Und von Gestaltungswillen und Gestaltungsfähigkeit in diesem Bereich, kann angesichts des vorgelegten Doppelhaushaltes nur bedingt gesprochen werden. Fakt ist: Wir werden in den nächste 5 Jahren die Zukunft der Schulstadt Meißen aktiv gestalten, oder wir werden sie nachhaltig verspielen!

Es gäbe noch Einiges aufzuzählen, worüber vor dem Beschluss über den vorliegenden Doppelhaushalt unbedingt diskutiert werden müsste: Beispielsweise die Verkehrswegebeziehungen auf der Neugasse, eine schlüssige Personalentwicklungs- und Fortbildungskonzeption für die Stadtverwaltung und die in den Untiefen den Budgetentwurfs versteckten Ostereier an teuren und nicht in Gänze sinnvollen Bau- und Sanierungsvorhaben, die Eigenmittel binden, welche wir an andere Stelle durchaus sinnvoller einsetzen könnten. Dafür bleibt allerdings heute keine Zeit und es ist kein Mehrheitswille im Stadtrat zu erkennen, dass prachtvoll verschnürte Paket nochmals aufzumachen.

Deshalb wird hier und heute für die Meißner Union der französischer Schriftsteller und Philosoph Albert Camus zum Zuge kommen: „Der einzige Ausweg ist die permanente Revolte!“

Die CDU-Fraktion kann dem Doppelhaushalt 2018/2019 (noch) nicht zustimmen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit!

http://www.meissen-fernsehen.de/mediathek/9454/Haushaltsrede_des_Fraktionsvorsitzenden_der_CDU.html