Goetterfelsen

Landesgymnasium Sankt Afra bekommt einen neuen Schulleiter

Landesgymnasium Sankt Afra bekommt einen neuen Schulleiter

Das Landesgymnasium Sankt Afra bekommt einen neuen Schulleiter. Ab dem 1. Februar übernimmt Stefan Weih die Leitung des Landesgymnasiums für Hochbegabtenförderung in Meißen. Der gebürtige Baden-Württemberger verfügt über enormes Wissen im Bereich der Förderung von Hochbegabten. So war er viele Jahre als Lehrer und Fachleiter am Landesgymnasium für Hochbegabte in Schwäbisch Gmünd tätig. Zudem bringt der 50-jährige Pädagoge langjährige Führungserfahrung mit. Über acht Jahre lang leitete Stefan Weih ein staatliches Gymnasium in Baden-Württemberg mit mehr als 1000 Schülern und rund 95 Lehrkräften.

»Ich freue mich, dass wir einen so erfahrenen Pädagogen für unser Landesgymnasium gewinnen konnten. Das Landesgymnasium Sankt Afra gehört zu den profiliertesten Schulen für Hochbegabte in Deutschland. Ich bin überzeugt, dass Herr Weih diese Stellung der Schule weiter ausbauen wird und gemeinsam mit seinem Kollegium Meißen zu einem modernen Zentrum der Begabtenförderung und zur ersten Adresse für Hochbegabte weiterentwickelt. Ich wünsche ihm für diese Aufgabe ganz viel Erfolg«, so Kultusminister Christian Piwarz.“

Diese Meldung des Sächsischen Staatsministerium für Kultus las ich letzte Woche und da kam natürlich die Überlegung auf, diese Meldung zu einem Artikel zu verarbeiten. Also ein bisschen recherchieren und los geht es – dachte ich. Ein kurzer Artikel – dachte ich. Denn bei dieser Recherche fiel mir auf, wie wenig ich über das St. Afra und seine Geschichte weiß. Das mir über die Art des besonderen Unterrichts und auch über die Schüler so gut wie nichts bekannt ist. Und das es fast unmöglich ist, die vielen interessanten Informationen „kurz zu fassen“. Asche auf mein Haupt! Und so las ich viele Stunden (wirklich!) über das Landesgymnasium St. Afra nach. Und da ich davon ausgehe, dass es vielen Meißnern ähnlich wie mir geht, habe ich so kurz wie möglich versucht, die Informationen zusammenzufassen. Diese Zusammenfassung möchte ich den Interessierten nicht vorenthalten:

„Sapere aude“ – Wage es, weise zu sein! Oder in der berühmten Interpretation von Immanuel Kant „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ - diesem und keinem geringeren Anspruch will man im Landesgymnasium St. Afra gerecht werden.

Seit Jahrhunderten werden an der ehemaligen Fürstenschule Schüler mit besonderen Begabungen gefördert, Schüler die das „Wissen wagen“ wollen.

Im Jahre 1205 gründeten Augustiner Chorherren aus Bayern die Chorherrschaft „Sankt Afra zu Meißen“ . Diese wurde 1539 allerdings im Zuge der Reformation aufgelöst. Es stellte sich die Frage, was mit den Gebäuden und dem beträchtlichen Grundbesitz geschehen sollte. Herzog Moritz von Sachsen entschloss sich, in drei dieser Klöster Schulen einzurichten, in Grimma, Schulpforte und eben Meißen. Diese Schulen unterstanden dem Kurfürsten, waren also staatliche Schulen und er gab genaue Anweisungen über alle die Schulen betreffenden Dingen, angefangen vom Ort bis hin zur Schulkleidung. In diesen Schulen wurden auch Schüler aus dem albertinischen Sachsen im Geiste des evangelischen Glaubens und des Humanismus unterrichtet, die nicht von adliger Geburt, aber eben begabt waren. Fehlten diesen Schülern die nötigen Mittel, dann erfolgte der Unterricht auf Kosten des Landes.

Die bis dahin ausschließlich altphilologische Ausrichtung wurde 1713 reformiert und es wurden von da an auch Fächer wie Mathematik und Naturwissenschaften, Geometrie und Geographie sowie Feldmesskunst oder auch Französisch unterrichtet.

Über die Jahrhunderte blieb St. Afra eine Schule, wenn auch im 20. Jahrhundert mit anderer Ausrichtungen: 1942 wurde im Dritten Reich daraus die „Deutsche Heimschule“ und 1953 entschied man die Unterbringung der LPG -Hochschule in den Gebäuden. Nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten gab es einen Neuanfang als St. Afra -Gymnasium und 2001 erfolgte auf Initiative von Kurt Biedenkopf die Eröffnung des „Sächsische Landesgymnasium St. Afra“ als Schule zur Förderung hochbegabter Schüler .

Berühmte Absolventen der Schule sind unter anderem Christian Fürchtegott Gellert (Dichter und Moralphilosoph), Gotthold Ephraim Lessing (Dichter, den wir alle mal mit „Nathan, der Weise“ oder „Minna von Barnhelm“ im Deutschunterricht kennen gelernt haben) und Samuel Hahnemann (Arzt und Begründer der Homöopathie)

Seit 1811 wurde jährlich am 3. Juli, dem Stiftungstag von St. Afra, auf dem Götterfelsen oberhalb des Triebischtales eine feierliche Andacht gehalten. 1843 stifteten „Altafraner“ (ehemalige Schüler von St. Afra) anlässlich des 300. Jubiläums der Schule ein Kreuz für diesen Ort und bis heute wird die Tradition der jährlichen „Götterfelsenwanderung“ am Schuljahresende gepflegt. Das frisch restaurierte Kreuz habe ich mir im Dezember 2020 vor Ort auf dem Götterfelsen angeschaut. Eine lohnende Wanderung, die ich jedem von Herzen empfehle.

Der Schulalltag der „Afraner“ unterscheidet sich vom „normalen“ Schulalltag sächsischer Schüler beträchtlich. Zusammenleben, Zusammenlernen und Zusammenarbeiten sind die Grundlagen der Schulgemeinschaft.

Zusammenleben bedeutet, dass etwa 280 Schüler der Klassenstufen sieben bis zwölf zusammen im Internat wohnen und neben der Lern- auch eine Lebensgemeinschaft bilden. Dabei wohnen die Schüler, nach Jungen und Mädchen getrennt, in 17 Häusern in Doppelzimmern. Die Mensa bildet das Herzstück für gemeinsame Mahlzeiten, Feste oder auch bei speziellen Anlässen. Betreut werden sie von 50 Mentoren, Lehrern und Sozialpädagogen, die zum Teil mit ihren Familie auch im Internat leben.

Auch an den Wochenenden wird Gemeinschaft im Internet gelebt: Samstags ist Unterricht bis 12.00 Uhr und dann Sport, Spiele, gemeinsame Exkursionen und vieles mehr. Nach Hause wird alle drei bis fünf Wochen gefahren – dann von Freitagmittag bis Montagabend.

Zusammenlernen erfolgt in Doppelstunden – übrigens ohne Schulklingel!

Der sächsische Lehrplan ist in allen Fächern im Sinne der Hochbegabtenförderung spezifiziert. Die Schüler schließen mit dem sächsischen Abitur ab, allerdings um einen dritten Leistungskurs angereichert.

Jeder Afraner lernt mindestens drei Fremdsprachen: Englisch und eine „alte“ Sprache wie Latein oder Altgriechisch und eine „neue“ Sprache, zum Beispiel Französisch, Russisch oder Spanisch. Das Erstellen einer wissenschaftlichen Studie zu einem selbstgewählten Thema über einen längeren Zeitraum ist obligatorisch.

Für die Naturwissenschaften gibt es drei Kabinette, ebenso zwei Multimediakabinette und 20 Einzelarbeitsplätze für Informatik. Eine hausinterne Musikschule gehört ebenso dazu wie eine hauseigene Galerie und die jährliche Theaterproduktion. Und auch Sport wird außerhalb des Unterrichts auf dem Hartplatz oder in der Sporthalle getrieben. Die Bibliothek mit über 50.000 Büchern, digitalen Medien und Tages- und Wochenzeitungen steht den Lernenden täglich zur Verfügung.

Und so ein Tag ist nicht ohne: Nach dem Frühstück gibt es ein 20-minütiges Frühkonzil in der Aula. Dort werden organisatorische Anliegen besprochen, ein Schüler informiert über aktuelles Weltgeschehen und im Kulturteil wird ein frei gewähltes Thema besprochen oder ein Werk aus Kunst und Musik vorgestellt. 8.00 Uhr beginnt der Unterricht in den bereits erwähnten Doppelstunden. Insgesamt gibt es drei Doppelstunden pro Tag. Nach der Mittagspause haben alle Schüler bis zur neunten Klasse verpflichtende Studienzeit zur akademischen Beschäftigung. Am späten Nachmittag finden die Addita statt. Das sind Bereiche, um Fähigkeiten und Neigungen abseits des Lehrplanes zu vertiefen. Diese gibt es in vier Bereichen: künstlerisch - ästhetisch, sprachlich - interkulturell, mathematisch - naturwissenschaftlich und musisch.

Mittwochs besteht für die 7. und 8. Klasse die Möglichkeit, sich handwerklich zu betätigen. Das wird von Meißner Handwerksmeistern unterstützt, die ihre Werkstätten dafür zur Verfügung stellen. So zur Verarbeitung von Holz, Metall und Keramik oder dem Erstellen von Fotografien, Drucken, Skulturen und Selbstgeschneidertem. Die Schüler der 9. und 10. Klassen gehen in dieser Zeit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit nach, z.B. in einem Kindergarten oder Altenheim oder im „Afra-Weinberg“. Gegen 17.45 Uhr sind diese Aktivitäten beendet.

Jeden Tag besteht die Möglichkeit, Sport zu treiben. Dieser dient dem körperlichen Ausgleich und ist fester Bestandteil des Schulkonzeptes. Angeboten werden dabei verschiedenste Sportarten, unter anderem Ballsportarten, Turnen, Judo oder Badminton.

Nach dem Abendessen ist, je nach Altersstufe, zwischen 20.00 und 22.00 Uhr Hauszeit, in der alle Schüler wieder in ihren Internatsgebäuden sind. In dieser Zeit geht unter anderem der Interantsmentor durch die Zimmer und steht als Ansprechpartner zur Verfügung.

Unter Zusammenarbeiten fallen nicht nur die Kooperation mit der Beratungsstelle für Begabtenförderung oder auch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Stiftungen, sondern auch die intensive Elternarbeit oder der Verein der Altafraner. Ebenso gibt es wissenschaftliche Kooperationspartner, zu denen unter anderem die Universitäten in Leipzig, Freiberg und Dresden, das Fraunhofer-, das Max Planck-, das Helmholtz- und das Leibnizinstitut. Die Cafeteria „Undenkbar“ Schülerunternehmen und wird komplett diesen betrieben.

Aber wie wird man eigentlich Afraner? Jedes Jahr besteht die Möglichkeit, in der siebten oder neunten Klasse auf das St. Afra Gymnasium zu wechseln. Dazu müssen sich Schüler bis zum 31. Januar unter anderem mit einem persönlichen Motivationsschreiben, einem Lebenslauf und einem Empfehlungsschreiben eines Lehrers bewerben. Im Februar oder März findet dann ein zweitägigen Auswahlverfahren, das sogenannten Schüler – Assement – Center, statt. Die entscheidenden Voraussetzungen für die Aufnahme an der Schule sind neben überdurchschnittlicher Begabung Kreativität, Motivation und Engagement neben überdurchschnittlicher Begabung, Kreativität, Motivation und Engagement. Ein Schulgeld ist nicht zu bezahlen, die Eltern zahlen monatlich für Kost und Logis 400,00 Euro. Für sächsische Schüler kann der Freistaat einen Zuschuss von 175,00 Euro gewähren und es besteht die Möglichkeit, von verschiedenen Stiftungen oder vom Förderverein der Schule Stipendien erhalten. Fürstenschule heißt und hieß eben nie, auch fürstlich dafür zu zahlen.

Ich habe vieles über das Landesgymnasium erfahren und gebe zu, dass ich die Schüler dieser Schule für ihr Pensum bewundere. Ich freue mich, dass diesen hochbegabten jungen Menschen eine solche Möglichkeit geboten wird – ohne das die Eltern dafür ihr Erstgeborenes verkaufen müssen. Dem neuen Schulleiter wünsche ich bei seiner Arbeit alles Gute und viel Erfolg und dass er sich in unserem schönen Meißen bald zuhause fühlt.

Neugierig geworden? Viele weitere Information unter www.sankt-afra.de

Bianca Wunderwald



Quellen: Landesgymnasium St. Afra www.sankt-afra.de

Wikipedia www.wikipedia.de

Medienservice Sachsen www.medienservice.sachsen.de