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Haushaltssatzung 2021

Auf Grund der Reduzierung von Infektionsmöglichkeiten wurden die Stellungnahmen der Fraktionen in der 15. Sitzung des Stadtrates vom 09.12.2020 (► Link) schriftlich zu Protokoll gegeben und nicht als Rede vorgetragen. Die Stellungnahme lautet wie folgt:

"Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

bevor ich zu meiner Hauhaltsrede komme, gilt mein Dank an die Verwaltung insbesondere der Kämmerei, die an der Erarbeitung des Haushaltes in gesellschaftlich und auch personell schwerer Zeit, mitgewirkt haben.

Wir stehen hier am Ende eines längeren Prozesses, an dem man feststellen kann, dass die Räte deutlich mehr eingebunden waren, als beim letzten Haushaltsplan. Das ist positiv.

Dennoch muss man feststellen, dass auf Grund Gesamtsituation der Blick in die „Glaskugel“ Haushalt nun noch einmal deutlich schwerer wird. Eines ist klar: Die Aufgabe, vor der wir stehen, ist mal wieder enorm.

Wir, die Fraktion ULM/FDP/FB/CDU, sehen den diesjährigen Haushalt erneut kritisch. Jeder der vier Partner in unserer Fraktion hat zwar besondere Schwerpunkte, doch der Tenor ist hier bei allen gleich.

Dieser Haushalt ist kein Meisterstück! Es lässt die HandlungsUNfähigkeit in der Zukunft erahnen, wenn, wir nicht gemeinsam das Ruder umlegen. Um alle Pflichtaufgaben in der Zukunft leisten zu können, benötigen wir eine Strategie der Einnahmeerhöhung, wenngleich ausdrücklich nicht durch Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer.

Wenn wir hier nicht schnell eine Lösung finden, wird es passieren, dass uns die Rechtsaufsicht künftig die fehlende Leistungsfähigkeit bescheinigt und uns eine Einnahmeerhöhung per Bescheid aufzwingt. Das hatten wir schon mal- das können wir nicht wollen! Wenn wir uns für jeden gekauften Bleistift bei der Rechtsaufsicht rechtfertigen müssen, ist das bequem für Stadt- und Stadtrat, weil der Landkreis ja am Ende an allen Zwängen und Gebührenerhöhungen „Schuld“ ist, unser Ziel kann das nicht sein!.

Aus diesem Grund kann man den aktuellen Haushalt auch nur unter der Überschrift „wir leben von der Substanz und fahren auf Sicht“ subsummieren. Nachdem vorgelegten Plan, schmilzt die Liquiditätsreserve von 2019 12,7 Millionen auf 57 Tausend Euro im Jahr 2024. So manch Meißner Bürger hat mehr Geld auf der hohen Kante als die Stadt dann selbst.

Auch wenn wir nominell 2021 keine neuen Schulden mit diesem Haushalt aufnehmen, was ich sehr begrüße, stehen doch noch nicht unerhebliche Verpflichtungsermächtigungen im Raum. Auch die Abschreibungen können wir nicht ordentlich erwirtschaften. Das ist aber notwendig, da die Dinge die über die Jahre verschleißen auch wieder beschafft werden müssen und sich nur so die Basis eines soliden Haushaltes darstellen lässt.

Außerdem haben wir zudem noch mit erheblichen Einnahmerisiken in diesem Haushalt 2021 zu rechnen – z.B. die geplante Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen sind für uns nicht nachvollziehbar. Was passiert, wenn all die gestundeten Steuerzahlungen der von Corona betroffenen Unternehmen ausbleiben, weil diese z.B den Umsatz nicht erbringen oder in Insolvenz gehen müssen? Die Stadt negiert dieses Risiko, als würde es nicht existieren und plant noch eine Million zusätzliche Einnahme.

Ebenso ist es möglich, dass Fördermittel nicht wie geplant kommen oder Rückzahlungen von Fördermitteln anstehen, doch davon geht der diesjährige Haushalt nicht aus.

Bedeutet aber im Umkehrschluss eine sofortige Gegensteuerung! Wo ist hier das Konzept der Verwaltung? Wir können keines erkennen. Man kann schließlich, wie jeder normale Bürger, nur ausgeben, was man auch hat.

Oder wollen wir Grund- und Gewerbesteuer erhöhen? Laut unserem INSEK wollen wir das in Zukunft nicht- und das ist gut so – dann es wäre das falsche Signal an unsere Einwohner, künftige Investoren und Unternehmer.

Wir lehnen Steuererhöhungen entschieden ab. Unsere Gewerbetreibenden werden in den kommenden Monaten die Auswirkungen der durch die Corona-Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise am deutlichsten zu spüren bekommen. Machen wir als Stadt ihnen jetzt nicht noch das Leben durch unnötige Steuererhöhungen schwer!

Also woher nehmen wir das Geld, das wir für unsere Investitionen brauchen?

Wir müssen nachhaltig dafür sorgen, dass junge Menschen, junge Familien nach Meißen ziehen. Die Bevölkerungsentwicklung zeigt uns geradezu ernüchternd, dass sich in 10 Jahren ein sehr großer Teil unserer Bürger im Rentenalter befindet. Wer zahlt dann die für einen ordentlichen Stadthaushalt erforderlichen Steuern? Woher kommt dann das Geld für die Instandhaltung von Straßen, den leichter begehbaren Marktplatz, das Freibad, für die Unterstützung der Vereine?

Natürlich ist es schön zusätzliche Maßnahmen wie Bahnhofsvorplatz, Bürgergarten, Prälatenhaus oder ein Freibad anzugehen- aber wir sollten uns hier fragen – muss das ALLES 2021 erfolgen. Sind wir denn z.B. überhaupt personell dazu in der Lage? Wir leisten uns freiwillig Stellen, die nicht unbedingt zu den Kernaufgaben einer Stadt gehören, sondern mit denen die freiwilligen Leistungen einer Stadt erfüllt werden. – wie Stadtmarketing, Wirtschaftsförderer, Kulturreferent, Quartiersmanager, Verwahrloste Grundstücke, Verkehrsplaner usw. die ureigenen Aufgaben dürfen wir aber nicht aus den Augen verlieren.

Freizeiteinrichtungen sind schön und wichtig, aber das dafür erforderliche Geld verdienen wir im Handel, mit Dienstleistungen und Gewerbe. Wir müssen auch im Zuge der demografischen Entwicklung als Stadt handlungsfähig bleiben – und nicht nur abhängig von Fördermitteln.

Es ist in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar, dass sich der Stadtrat gleichzeitig den „Luxus“ erlaubt, Bauland für Familien zu verweigern und damit sowohl auf nachgefragte Wohnstandorte für junge Familien als auch auf die dringend benötigten Einnahmen aus Grunderwerbs- und Einkommenssteuer zu verzichten.

Ausreichend große und modern ausgestattete Schulen und auch Kitas sowie ansprechende und bezahlbare Mietwohnungen oder die Chance, sich hier ein eigenes Haus zu bauen sind Voraussetzung dafür, dass junge Familien überhaupt nach Meißen ziehen.

Ein weiterer Faktor, der eine Stadt attraktiv macht sind gut bezahlte Arbeitsplätze, die über kurze Wege erreichbar sind.

Wir stehen hinter allen Meißner Unternehmern und Gewerbetreibenden. Das betrifft nicht nur den Bereich des Tourismus, den wir bereits 2019 mit einer Erhöhung des Budgets für das Stadtmarketing unterstützt haben. Das diese Maßnahme die Verluste des ersten Lockdowns abgemildert haben wurde von vielen bestätigt.

Laut Aussage unserer Wirtschaftsförderung konnten wir viele Unternehmen, die sich mit Ansiedlungswünschen an unsere Stadtverwaltung gewandt haben, nicht unterstützen.

Wir können nicht verstehen, dass die Stadtverwaltung die Ausweisung neuer Gewerbegebiete nicht mit der nötigen Energie vorantreibt. Die Neuansiedlung von Unternehmen sowie die Schaffung von Expansionsmöglichkeiten für bestehende Meißner Unternehmen muss endlich weiter forciert werden, denn unsere Nachbargemeinden warten hier nicht und stehen mit uns im Wettbewerb.

Woran liegt es? Zum einen fehlen uns die städtischen Entwicklungsflächen, zum anderen die Strategie zur Gewerbeansiedlung. Da kann Meißen wirklich mehr. Hier erleben wir in Meißen Stillstand.

Unsere Fraktion steht für die Erschließung neuer Gewerbegebiete, die Nachfrage dafür ist da. Wenn sich Firmen ansiedeln, entstehen Arbeitsplätze, das Einkommen geben die Menschen sicher auch bei Meißner Einzelhändlern und in Meißner Restaurants aus. Das ist nachhaltige Stadtentwicklung! Dafür setzen wir uns ein!

Unsere Fraktion ist sich einig, dass der Stadtrat und die Verwaltung im Haushalt 2021 und verstärkt in den Folgejahren die Einnahmeseite achten müssen.

Diskussionen über Grünflächen und Parks helfen uns hier nicht weiter. Mit Corona und den daraus folgenden Auswirkungen haben wir zur Zeit andere Probleme. Populismus, große Wünsche und Wohltaten sind nicht zielführend.

Warum stimmen wir trotz der angebrachten Kritik dem Haushalt dennoch mehrheitlich mit Bauchschmerzen zu:

Ja, wir unterstützen ganz eindeutig den im Haushalt gesetzten Schwerpunkt der Investitionen in unsere Bildungsstätten. Ja, das kostet Geld, viel Geld.

Nur als Beispiel: Wir reden bei unserem Haushaltsvolumen von rund 60 Millionen Euro von über 13 Millionen Euro an Investitionen in unsere Schulen in den nächsten Jahren.

Die Corona-Pandemie hat uns zudem vor Augen geführt, dass wir in Zukunft ohne digitale Kommunikation nicht mehr handlungsfähig sein werden. Dazu bedarf es nicht nur neuer Technik, sondern auch der erforderlichen Infrastruktur, einer neuen Organisation und der personellen Kapazitäten für Service und Wartung. Die Informatik Lehrer, die an vielen Schulen immer für derlei Aufgaben hinzugezogen wurden, können dies nicht mehr leisten.

Alle diese Investitionen sind richtig und in die Zukunft weisend. Bei der Schulsanierung darf es nicht wieder zum Stückwerk kommen. Die geplanten und begonnenen Maßnahmen müssen zu Ende geführt werden. Gute Schulen sind ein wichtiger Standortfaktor für junge Familien, die sich für einen neuen Wohnort entscheiden.

Das unsere Schulen eine Herzensangelegenheit der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt sind, haben die vielen Eltern und Schüler, die in der Vergangenheit bei den Stadtratssitzungen zu Gast waren und sich mit leidenschaftlichen Appellen zu Wort meldeten, deutlich belegt. Hierbei ist uns ein ausgewogenes Vorgehen besonders wichtig, denn jedes Kind, ob Grundschüler, Förderschüler, Gymnasiast oder Oberschüler – jedes Kind hat das gleiche Recht auf gute Bildung.

Es wäre fatal, wenn wir auf Grund fehlendender Mittel die bereits begonnenen und geplanten Baumaßnahmen nicht fortführen könnten.

Die Verabschiedung des Haushaltes am heutigen Tag bildet, bei aller unsere Kritik, hierfür die Basis, wobei wir uns recht sicher sind, dass die aktuellen Ereignisse uns zwingen werden, diesen Haushalt im Jahr 2021 nochmals anzufassen."

Der Fraktionsvorsitzende Martin Bahrmann